Rasselbock 2008

Wenn man diesen Mann anruft und etwas wissen will, tritt meist ein bei Gesprächen mit Pressesprechern eher seltenes Phänomen auf: Er weiß tatsächlich schon nach wenigen Worten, worum es geht!

Während man sonst manchmal dem Sprecher erklären muss, was man durch einen gezielten Tipp aus der Behörde längst selber weiß und nur noch bestätigt haben möchte, erfährt man bei ihm nicht selten tatsächlich etwas Neues.

Nun gut, ein Spaßbolzen auf den ersten Blick ist er nicht. Eher so ein Typ, von dem man ohne Werkstattcheck ein Auto kaufen würde. Aber mal Hand aufs Herz, wie viele gibt’s denn davon eigentlich noch?

Ja, man könnte ihn also sogar altmodisch nennen. Er ist katholisch, trotzdem glücklich verheiratet, hat einen ganzen Sack voller Kinder und singt sogar noch in einem Chor. Und das ist vielleicht die einzige Zeit, in der man ihn nicht anrufen kann. Obwohl: Erlebt hat das noch keiner. Und er wird wirklich zu den unmöglichsten Zeiten angerufen, denn das, was seine Chefs so verzapfen, ist oft sehr erklärungsbedürftig. Wer sich noch an Franz Schuster erinnert, weiß, was ich meine.

Apropos Chefs: Es ist in Ministerien sonst üblich, dass mit dem Minister auch der Sprecher wechselt. Bei Andreas Maruschke, und damit ist die Katze aus dem Sack, war es nicht so. Eine mögliche Erklärung wäre, dass es außer ihm niemanden gibt, der der Welt erklären kann, was ein Wirtschaftsminister eigentlich den ganzen Tag macht. Aber es könnte vielleicht doch auch daran liegen, dass er gut ist.

Das mit dem gebremsten Spaßbolzen muss man übrigens relativieren. Wer ihn näher kennenlernen durfte, weiß gerade seinen Humor zu schätzen. Und auch die gesunde Distanz, die er sich in vielen Dingen bewahrt.

Die Journalisten, wissen das. Und sie wissen, was sie an ihm haben. Was die Welt an ihm vorher hatte, ist leider etwas in Vergessenheit geraten: Einen ebenfalls sehr talentierten Journalisten mit einer ausgesprochen lyrischen Ader. Als Beweis dafür möchte ich ein Stück zur Verlesung bringen, das er am 10. Februar 1996 der Nachwelt als Volontär der TA hinterließ. Natürlich zu einem ureigenen Wirtschaftsthema, dem Winterschlussverkauf:

Spielverderber
Von Andreas MARUSCHKE

Sang- und klanglos geht heute der 14-tägige Winterschlußverkauf zu Ende, ohne daß der Winter auch nur im Traume daran denkt, sich ausverkaufen zu lassen. Den Marktspielregeln zum Trotz scheint sich der grimmige Gesell wohl vorgenommen zu haben, auch im März noch Schal und Mütze zu den Saisonartikeln zu erklären. Wen es bei sibirischen Außentemperaturen überhaupt auf die Straße treibt, dem friert die Lust auf einen gemütlichen Einkaufsbummel bereits nach wenigen Minuten ein. Allein das Ziel, den kalten Füßen und angefrorenen Ohren erste Hilfe zukommen zu lassen, läßt König Kunde auf die Verlockungen der preisgesenkten Ware stoßen. Wenn, wie im merkantilen Spielplan vorgesehen, nach dem winterlichen Schlußverkauf die Regale für frühlingsfrohe Angebote Platz machen, dann sollte sich der Winter endlich trollen. Dieser ewige Spielverderber!

Kurz darauf, am 25. März 1996, schrieb Andreas Maruschke dann einen Beitrag mit einer sehr kämpferischen Überschrift:

Macht, Eigentum und Arbeit umverteilen!

Das muss damals Franz Schuster gelesen haben, denn wenig später war er Sprecher des Wirtschaftsministers. Und blieb es bis heute.

Der Rasselbock der Landespressekonferenz 2008 geht an Andreas Maruschke!

 

Eberhardt Pfeiffer

Comments are closed.


Categories

Gestaltet von Falk Heunemann