Maulkorb 2009

Meine Damen, meine Herren,
hoff, Sie können mich gut hören.

Ich bin der Geist, der stets verneint,
bei jedem, der zu gut es meint,
mein Gut die schlechte Nachricht ist.
Sie nicken schon – ein Journalist.
Doch heute ist es noch viel schlimmer,
ich bin der Übel-Überbringer,
denn kommt uns einer gar zu dumm
dem hängen wir den Maulkorb um.

Schon viele wollten diesen Preis,
doch weder Nichtstun noch mit Fleiß
uns eitle Journalisten-Diven
zu verärgern und verdrießen
noch Verachtung, Spott und Hohn
garantier’n erhofften Lohn.

Denn liebe Leut’, so ist das Leben
den Maulkorb kann’s nur einmal geben.

Zwölf Monate hat er geackert
hat für den Preis sich abgerackert
hat ihn gefordert, vehement
der Mann, der sich Fried Dahmen nennt
wo Bayern scheitert im Pokal
und in der Liga allzumal
hat fast allein mit voller Kraft
das Jahresdouble er geschafft.
Das Tribble gar, zählt man im Nu
den offenen Brief im Lenz dazu.

Denn liebe Leut’, so ist das Leben
den Maulkorb kann’s auch zweimal geben.

Doch musst er auch in harten Zeiten,
das Staatsschiff durch die Stürme leiten
So schrieb das Boulevard entzückt
von Liebelei und Kind geglückt
und dass all das sei dreist erlogen
von Menschen, die IHM nicht gewogen.
Doch eh das Wundern noch geendet,
da fliegt vom Anwalt ausgesendet
ein Schreiben in die Redaktionen,
dort wo die bösen Buben wohnen (und Mädchen)
„Schreibt ihr noch einmal über Kinder
dann ist es aus mit euch, ihr Sünder.“
So wurde machtvoll untersagt,
was nie gewollt und je gewagt.

Denn, liebe Leut, so ist das Leben
manch Maulkorb, der ist voll daneben.

Ab Neujahr dann die schwere Zeit
mit Unfall, Tod und großem Leid.
Und wenn es denn dem Herrn gebricht
ist Schweigen erste Sprecherpflicht.
Und Schweigen in der Fastenzeit
das hat ein Christ noch nicht gereut.
Doch Schweigen-Brechen – bitteschön
kann ganz schön in die Hose geh’n.
Denn eins, dann zwei, dann drei, dann vier
dann steht der Diekmann vor der Tür
und einem großen Diekemann
dem hängt man keinen Maulkorb an

Denn, liebe Leut, so ist das Leben
manch Maulkorb muss man selbst sich geben
(das kennen wir ja von uns selbst)

Den Parteifreund freut die SMS
Der Bildleser, der hat den Stress
mit 1000 Zeilen, all den News,
die man von Althaus lesen muss.

Und der MP ist kaum genesen
da muss er auf dem schnellen Besen
zum Blocksberg reiten – denn Fried Dahmen
hat ohne Anflug von Erbarmen
die Oberteufel einberufen
fürs Kreuzverhör in sieben Stufen.
Doch keine Freude ohne Last
ein Maulkorb, der ist schnell verpasst.
„Jeder darf schreiben, was er will,
nur kein Zitat“, so heißt der Deal.
Textkrücken rauschen allzubald
durch den deutschen Blätterwald.

Denn, liebe Leut, so ist das Leben
da kann’s so manchen Maulkorb geben.

Dann endlich stellt sich Alltag ein.
Doch falsch gehofft, es schwebt herein,
nein nicht der Papst, der kommt erst später,
es ist der andre Stellvertreter.
Es ist der große schwarze Mann
den man bislang kaum fassen kann
und in all dem bunten Reigen
hört man von Dahmen nichts als Schweigen
und je wilder der Bohei,
je stiller wird die Staatskanzlei.

Denn liebe Leut, so ist das Leben
den Maulkorb kann man selbst sich geben.

Doch rücken wir den Stein vom Brett
ins letzte Feld – dem Kabinett
wo die Regierung sich berät
und anschließend zur Presse geht.
Manch Info gibt sie schnell und gern
bei andern „muss ich nochmal hörn“,
sagt Dahmen, wendet sich zum Gehn.
„Ist doch nicht noch etwas geschehen?“
„Nein, das war alles“, sagt er – nur
vergessen ist der Part Kultur,
der nun eifrig nachgereicht
vom Sprecher, der darauf geeicht.

Denn liebe Leut, so ist das Leben
den Maulkorb darfs nur einmal geben

Nun ist’s genug, und ich kann gehen
Ihr Leut wollt endlich Taten sehen
Ich habe nur zum Vers verleimt
was bisher eher ungereimt.
Jetzt kann sich selbst - mit einem Lachen
ein jeder seinen Reim drauf machen.

Denn lieber Fried Dahmen, so ist das Leben
Den Maulkorb solls nicht dreimal geben.

Text: Ingo Senfft-Werner

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